Dienstag, 12. April 2011

4. Einbau einer studiogerechten Elektrik

(Vorherige Kapitel: Kapitel 1, Kapitel 2, Kapitel 3)


Nachdem wir nun die ersten bautechnischen Schwierigkeiten kennen gelernt haben, folgen nun sozusagen die beiden letzten Schritt, bevor es mit den eigentlichen Akustikarbeiten am Raum endlich los gehen kann:

  • Der Einbau einer studiogerechten Elektrik
  • Designerische Grundüberlegungen

Fangen wir mit der Elektrik an: Wie ich schon erwähnte, war der fragliche Raum einmal ein "ganz normales" Zimmer innerhalb eines Wohnhauses. In diesem Fall - wie in den meisten Fällen, wie ich denke - bedeutet das als erstes, dass die gesamte Raumelektrik auch darauf ausgelegt ist.

Folglich wird man einige Steckdosen haben, die aus der Wand kommen und einen, vielleicht zwei Lichtschalter. Im vorliegenden Raum hatten wir es mit zwei an den kleinen Seitenwänden gegenüber liegenden Doppelsteckdosen plus einer weiteren Einzelsteckdose rechts neben der Tür zu tun. Neben der zuletzt genannten Einzelsteckdose befand sich ein Schalter für die Lichtsteuerung.

Für ein paar Stromverbraucher wie eben Lampen, vielleicht einen Fernseher, eine Stereoanlage und sowas eben alles vollkommen ausreichend. Darüber hinaus kann man schön in einer solchen Konstellation auch mal von der Tür aus den Staubsauger anschließen - auch wichtig :-) - und schon kann man sich wohl fühlen.

Dummerweise teilen sich diese Geräte in einem Wohnraum aber die Leitung mit noch vielen weiteren Geräten - je nach Schaltung - im ganzen Haus/der ganzen Wohnung oder wenigstens auf diesem Stockwerk.

Für einen Studiobetrieb reicht das natürlich bei Weitem nicht aus. Hier haben wir es später nach Fertigstellung im "schlimmsten" Fall mit einem 5.1-System zu tun (oder höher), welches Lautsprecher für Lautsprecher jeweils mit mindestens einer Endstufe befeuert wird, die natürlich entsprechende Leistung fordert. Gehen wir mal davon aus, dass von einem herkömmlichen Stromkreis ca. 4.400 Watt zu erwarten sind, kann man sich schnell vorstellen, dass alleine die Endstufen einen erheblichen Teil der zur Verfügung stehenden Leitungskapazität für sich beanspruchen werden.

Dazu kommen die ganzen Audio-Geräte wie eben ein Mischpult (planen wir für ein relativ großes Teil mal eine Leistung von max. 2.000 Watt ein), der/die Computer, Bildschirme, Equalizer, Kompressoren, andere Effektgeräte etc.pp. Kurzum, hier wird schnell klar: das reicht sogar bei weitem nicht!

Zudem birgt die "normale" Stromversorgung die Gefahr, dass man bei Schaltspitzen im Haus unnötigen "Audiodreck" mit sich herum schleppt (im schlimmsten Fall sogar welchen, den man dann versehentlich bei der Bearbeitung in die Audiospuren integriert hat!).

Was also tun, um zu ermöglichen, dass gleichzeitig irgendwo im Haus die Wäsche gewaschen und gleichzeitig getrocknet werden kann, ein Herd Ihnen was Leckeres auf den Teller bruzzelt, während Ihre holde Gattin / der holde Gatte sich die wallende Mähne fönt?

Ganz einfach: Elektriker rufen! Um einen versicherungstechnisch einwandfreien Umbau zu ermöglichen und um sich gleichzeitig nicht der Gefahr eines plötzlichen Todes durch einen Stromschlag ausgesetzt zu sehen, sollte man hier wirklich einen Fachmann rufen, es sei denn man ist zufällig selbst Elektriker gewesen oder man traut sich als Hobbyist zuviel zu...

In unserem Fall ist wirklich der Elektriker gekommen und hat folgendes gemacht:
  • Ersatz der Doppeldosen durch lange Kabel, die am Rand des Bodens in die Raummitte gezogen werden und - vorläufig - Anschließen jeweils einer Kupplung. Damit ist der herkömmliche Stromweg (nur als Reserve!!!!) "gerettet".
  • Freilegen einer Phase (an Ihrem Stromverteiler - ja, das Ding mit den vielen Sicherungen drin - kommen insgesamt drei Phasen an) nur für die Studioverteilung.
  • Hochlegen dieser Phase in den an das Studio angrenzenden Technikraum.
  • Aufteilung dieser Phase auf zwei komplett neue Stromkreise: Einer nur für die Endstufen und ein weiterer für die Audiogeräte. Diese beiden Stromkreise kommen aus dem Technikraum wieder heraus und wurden ebenfalls vorab mit langen Kabeln entlang der Raumwände wieder in bis zur Mitte des Raums geführt, ebenfalls mit Kupplungen. Während des Bauens wollen Sie ja auch mal ein Radio mit WDR4-Mucke plärren lassen, nicht wahr? Schließlich will man sich ja fühlen wie ein "richtiger" Bauarbeiter...
Damit schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie koppeln die Studiostromkreise sowohl für die Audiogeräte (also für die Signalerzeugung) als auch für die Endstufen (Signalwiedergabe) vollkommen vom Hausstrom ab. Darüber hinaus behalten Sie den vorhandenen Stromkreis, der im Haus sowieso schon anliegt, für das Licht im Studio und zur allergrößten Not auch als Reserve, wenn mal ein Keyboarder für die Aufnahmen kommt, der eine Wagenladung Equipment mit bringt und die Steckdosen nicht ausreichen. Ergo verwenden wir im fertigen Studio insgesamt drei völlig voneinander unabhängige Stromkreise. Glauben Sie mir: DAS reicht dann :-)

Ein Hinweis noch hierzu: Wenn Sie vermeiden wollen, die eine Phase extra freizulegen und für das Studio separat zu verwenden, weil Sie vielleicht befürchten, dass die beiden verbleibenden Phasen nicht mehr genug "Power" haben, dann lassen sie die beiden zusätzlichen Stromkreise eben - wie herkömmlich - von allen drei Phasen aus ankommend. Durch die neue Unterverteilung, die Sie benötigen, sind die Kreise in der Regel ausreichend voneinander abgekoppelt. Zusätzlich können Sie - wenn Sie zuviel Geld haben sollten, was aber ohnehin der Fall zu sein scheint, sonst würden Sie sich mit diesem Umbau ja nicht befassen... - natürlich jeden der neuen Stromkreise entsprechend netzfiltern.

Hier noch zwei Fotos. So sieht das dann aus, wenn's fertig ist:

Hier kommt der für das Studio separierte Strom an (dickes Kabel) und die beiden neuen Stromkreise (dünnere Kabel) kommen von der neu verlegten Unterverteilung wieder zurück in den Raum. 

Hier die neue Unterverteilung. Es reichen zwei Sicherungen, es sind ja "nur" zwei neue Stromkreise.
 Die Unterverteilung im Nebenraum hat den Vorteil, dass man beim Verlassen des Studios sämtliche Verbraucher mit einem Schaltvorgang komplett vom Netz trennen kann (keine Standby-Kosten mehr). Vor dem Arbeiten werden die Stromkreise kurz vom Nebenraum eingeschaltet und fertig... Der Computer fährt hoch und der Rest ist auch schon einsatzbereit.



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